Was ist das, ein "Tengu" ? Was ist das "Tengu Institut" ?
Im CRB von Sensei Roland Habersetzer in Straßburg gibt es seit einiger Zeit ein neues Konzept, das sich "Tengu" nennt. Tatsächlich gibt es seit 1995 ein von ihm geschaffenes und geleitetes "Institut Tengu" , das anläßlich von Sensei Habersetzers neuesten Publikationen der Öffentlichkeit vorgestellt wird, so etwa in dem Buch "Tonfa" oder Habersetzers Reflektionen "Main vide pour un tranchant guerrier". |
Karasu Tengu |
Die CRB-Experten, die an der beständigen Forschungsarbeit auf dem Gebiet der Kriegskünste teilhaben, und einige andere aufmerksame Sempai wissen Bescheid über die Erweiterung seines Konzeptes, das nach der Meinung des Präsidenten des CRB dem Karate seinen wahren, alten kriegerischen Sinn wiedergeben soll. Es sollen die Empfindungen (und damit die Daseinsberechtigung) wiedergefunden werden, die von der sportlichen Entwicklung der Kampfkünste vor langem abgetötet wurden. Der Titel mag verwirrend sein "Karate: main vide pour un tranchant guerrier"! Reflektionen für eine Rückkehr zur kriegerischen Dimension der traditionellen Kunst des Karatedo", wie er vom Institut Tengu veröffentlicht wurde und der unfassend in das Gebiet einführt. Diese Orientierung des Karate im CRB wurde auf den beiden letzten Ecoles de Cadres vorgestellt: "Das Institut Tengu bietet das Umfeld für eine zugespitzte Praxis auf dem Gebiet der Kampfkunst, die auf zwei Prämissen beruht: Präzision und Lenkung der für den Gegenschlag einsetzbaren Kraft im Wissen um die Gesamtheit der sich ergänzenden Verteidigungstechniken, die wie eine echte Waffe eingesetzt werden, und die vollkommene Kontrolle dieser Kraft durch den "rechten Geist" (das ist das "Do", die Ethik nämlich, die ein für den Mann oder die Frau den Umständen entsprechendes, verantwortungsbewußtes Verhalten sicherstellt). Dies soll geschehen in der Achtung vor den Prinzipien der wahren Kampfkunst, die unter Berücksichtigung der aktuellen Lage bedacht und korrigiert wird und die daher entwicklungsfähig ist. Eine große Sache... In dieser Hinsicht ist das Institut ein echtes Forschungslabor und Expermientierfeld, das den Unterricht in den CRB Dojo dadurch erweitert, daß es ihn verschärft, wobei seine früheren Ziele keineswegs verleugnet werden. Damit wird das CRB zum Rahmen einer einzigartigen Arbeit auf der ganzen Welt. Über die Technik hinaus gibt es auch und vor allem noch die " Richtung Tengu". Diese besteht im Wissen um die Summe von physischen und mentalen Möglichkeiten, die auf dem Wissen beruhen, auf eine Bedrohung lieber wie ein Mensch zu "antworten" als wie ein kämpfendes Tier zu "reagieren". Und das macht den Unterschied aus! Warum aber "Tengu"? Was ist eigentlich ein "Tengu"? Die keineswegs zufällige Wahl dieses Begriffs wird deutlich, wenn man die Definition von Tengu durch den Sensei liest. Die Abkürzung, die R. Habersetzer als Symbol für seine Idee entworfen hat und die an anderer Stelle erklärt werden soll, wird die Ausrichtung des "Tengu Weges" (Tengu-no-Michi), an dem er eine möglichst große Zahl von ernsthaften und realistischen Budoka teilhaben lassen möchte, noch mehr verdeutlichen. Richtig verstanden, liegt es jenseits eines Bunkai auf elementaren Niveau. Aber da es vom Sensei kommt, wird es schon richtig sein... (Übersetzung von Franz Scheiner) |
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Tengu:
eine Definition
Tengu sind mythische Wesen aus dem alten Japan, die in der Einsamkeit der Berge wohnten. In den Geschichten und Fabeln, die im Volk über sie kursierten, genossen sie den Ruf, große Könner der Kampfkünste zu sein, wovon sie bisweilen auch Menschen profitieren ließen. Zahlreiche Krieger und Samurai, Begründer von Schulen (Ryu), besonders von Schwertschulen (Ken-jutsu), behaupteten, von den klugen Ratschlägen eines Tengu inspiriert worden zu sein. Bisweilen soll das im Traum geschehen sein, während sie als freiwillige Eremiten zurückgezogen in den Bergen lebten, um dort in der Askese (Musha-shugyo) eifrig nach dem "Weg" (Do) zu suchen. Minamoto-no-Yoshitsune (1159-1189) selbst, einer der größten Krieger, die Japan je kannte, Held der Helden, soll auf diese Weise seine meisterliche Schwertkunst erlernt haben. Sie ermöglichte es dem noch jungen Mann, nachdem er seine Jugend im Kurama-Tempel verbrachte hatte, den Mönch Benkei zu besiegen, als dieser versuchte, ihm mit seiner Naginata die Goto-Brücke zu versperren. Der große Schwertkämpfer Miyamoto Musashi (1584-1645), der über 60 Duelle unbesiegt blieb, wurde seit seiner Jugend "der kleine Tengu" genannt. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts führte Takeda Sokaku, ein Meister des Aiki-jutsu, den Beinamen "der Tengu von Aizu". Der Ursprung der "göttlichen Technik des Tengu" (Tengu-geijutsu-ron) soll bei den kriegerischen Yamabushi zu finden sein, den gefürchteten Krieger-Mönchen, die von Kloster zu Kloster durch die Berge wanderten. Sie inspirierten in hohem Maße die düstere Welt der Ninja, die der schwarzen Maske, die ihr Gesicht bedeckte, um ihnen ein diabolisches Aussehen zu verleihen, den Namen "Tengu-gui" gaben. Die Tengu sind chinesischen Ursprungs. "T'ien-Gu" ist die japanische Aussprache der chinesischen Schriftzeichen "T'ien-kou" ("Tiangou") ("Hund des Himmels"). Die Legende über diese übernatürlichen Wesen gelangte im 6. und 7. Jahrhundert nach Japan. Im Laufe der Zeit wandelte sich jedoch das Bild der Tengu. War er anfangs noch schlicht und einfach ein Dämon, der im Rufe stand, Waldbrände zu legen, Kinder zu entführen, Menschen zu fressen und die buddhistischen Mönche endlos zu quälen, so entwickelte er später die Fähigkeit, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Im mittelalterlichen Japan konnte er auf der einen Seite unerbittlich und schrecklich oder voller Güte sein, je nach dem Charakter des Reisenden, der ihm auf seinem Weg durch den Wald begegnete. Er konnte die Hölle bedeuten oder die letzte Zuflucht für den Waghalsigen oder den Verirrten, der, wenn er das spöttische Gelächter eines Tengu aus dem Gebüsch hörte, sein letztes Stündlein für gekommen hielt. Halb Mensch (vom Körper her), halb Vogel (der Kopf), wurde der Tengu Sujet vieler volkstümlicher Abbildungen. Die ältesten geben ihm das Aussehen von Raben (Karasu Tengu), aber die verbreitetsten sind die des "kleinen Tengu" (Ko Tengu) mit Flügeln, oder die der langnasigen Tengu (Konsha Tengu). Es gab sogar eine Hierarchie der Tengu, wobei die menschenköpfigen, langnasigen Tengu über den geflügelten Tengu standen (Masken, die diese Art von Tengu repräsentieren, findet man noch heute in manchen Bergtempeln Japans). Der Herr all dieser Genien des Berges war Sojobo, der mit einer langen Nase und langen weißen Haaren gezeigt wird. Seine Macht wurde symbolisiert durch einen Fächer mit sieben Federn. Im Gegensatz zu den reinen Geistwesen (Obake) werden die Tengu immer mit Füßen dargestellt. Zur besseren Täuschung kann ein Tengu Menschengestalt annehmen (Kind, Frau, Greis), oder auch bevorzugt als Dachs (Tanuki) oder Fuchs (Kitsune) erscheinen. Sein Schatten aber verriet immer seine wahre Natur. Ein Tengu hatte eine merkwürdige Art von Humor, und seine Boshaftigkeit kam nur seiner Arroganz gleich ("Tengu-ni-naru" bedeutet, jemand solle sich nicht so überheblich wie ein Tengu aufführen). Ein Tengu spricht, ohne die Lippen oder den Schnabel zu bewegen, da er nämlich telepathisch kommuniziert. Es kann vorkommen, daß ein Tengu besiegt wird durch eine ihm überlegene magische Kraft, oder durch die körperliche und geistige Überlegenheit eines Menschen, der es wagt, den Kampf mit ihm aufzunehmen. Ist er besiegt, verwandelt er sich in einen verletzten oder toten schwarzen Vogel. Hat ein Tengu viele gute Taten vollbracht, kann er unter Menschengestalt wiedergeboren werden. Als Inspiratoren manch' eines Kriegers des alten Japan, der einsamen Ronin auf der Suche nach der Wahrheit, Modell für die Ninja, Quelle für Legenden und Aberglauben, wurden die Tengu häufig einfach mit den fürchterlichen Yamabushi der Berge gleichgesetzt. Das ging soweit, daß der Volksglauben sie als solche darstellte, so wie die Tengu vom Typ Karasu, die eine Priestermütze (Tokin) tragen. Man kann in allen Gegenden um rund um den Nord-Pazifik ähnliche Legenden finden, in denen mythische Vögel vorkommen, die Mittler zwischen Göttern und Menschen sind: so in Sibirien, Alaska, an der Pazifikküste von Nord-Kanada (cf. die Legende vom Großen Raben bei den Tlingit und Haida). R. Habersetzer. Copyright. Auszug aus einem in Kürze erscheinenden Buch. (Übersetzung von Franz Scheiner und Claudia Collani) |